Die gute Nachricht zuerst:
Man darf. Man darf sich selber ein Boot bauen, man kann sogar mehr
oder weniger bauen was man will.
Ich konnte es zuerst überhaupt nicht fassen, dass es so etwas in
einem so durchreglementierten Staat wie Deutschland überhaupt gibt.
Aber alle Nachforschungen beim Wasserwirtschaftsamt oder der
Wasserschutzpolzei erbrachten immer das gleiche Ergebnis: Höfliches
Achselzucken, ein Schmunzeln, Ahnungslosigkeit, auch einen Kommentar
wie: "Wenn sich ein Verrückter ein Boot bauen und damit untergehen
will, dann soll er das. Das darf man in Deutschland. Wenn jemand Sie
retten muss, müssen Sie halt die Kosten bezahlen. Und wenn Sie grob
fahrlässig bauen und jemanden damit gefährden, sind Sie auch selber
dafür verantwortlich."
Das war schier unglaublich, stellte sich später aber alles als
richtig heraus.
Es gibt keine rechtlich bindende Vorschriften, man braucht keine
Baugenehmigung und es gibt keinen TÜV, dem man das Boot vorführen
müsste. Das gilt aber nur für privat genutzte Boote, nicht für den
gewerblichen Verkehr. Das einzig bindend vorgeschriebene ist die
Beleuchtung, aber die braucht man nur, wenn man mit dem Boot
herumfahren will, beziehungsweise je nach Liegeplatz eventuell ein
Ankerlicht setzen muss. Und man sollte eine Länge von 15 Metern
nicht überschreiten, sonst reicht ein leicht zu erwerbender
Sportbootführerschein nicht mehr. Breite und Höhe sind nicht
geregelt, aber man berücksichtigt bei der Planung besser das
vorgesehene Fahrgebiet. Mit einem vier Meter hohen Boot kommt man
nicht unter einer drei Meter hohen Brücke durch. Ab drei PS
Motorleistung benötigt man eine Registriernummer, erhältlich beim
Wasser- und Schifffahrtsamt, beim Deutschen Motoryachtverband oder
beim ADAC. Ab 5 PS Motorleistung braucht man einen
Sportbootführerschein Binnen.
Man sollte darauf achten, dass man sein Boot als Sportboot anmeldet,
oder als Motorkatamaran oder ähnliches. Ein offizielles Hausboot
benötigt alle paar Jahre ein Schwimmfähigkeitszeugnis, das ist
lästig und teuer, ebenso wie Genehmigungen bei Schiffen über 15
Metern Länge. Auch sollte man unbedingt Lenkung und Motor haben,
sonst ist man kein Boot, sondern eine "schwimmende Anlage" für die
man eine Baugenehmigung braucht.
Das Prinzip eines Hausbootes ist ziemlich einfach. Man braucht
einen oder mehrere entsprechend dimensionierte Schwimmer, darüber
kommt eine Plattform und darauf baut man sein Haus. Manch einer hat
sich auch schon einfach einen Blockhaus-Bausatz aus dem Baumarkt
geholt. Dazu muss man eigentlich nicht viel von Bootsbau verstehen,
es soll ja keine kentersichere Hochseeyacht werden und besonders
schnittige, schnelle Formen sind auch nicht gefragt, das überlässt
man den Rennbooten. Das Schiff braucht auch nicht unbedingt einen
Kiel oder erotische Rundungen, sondern kann einen flachen Boden
haben, was eine erhebliche Bauvereinfachung darstellt.
Bei ebay kursieren des öfteren Baupläne für Hausboote
(Download, pdf, 5 mb). Diese sind
meist schlechte Fotokopien in englischer Sprache, haben die
Maßangaben in Zoll statt in Zentimetern und sind höchstens von
ausgebildeten Schreinern zu verstehen. Gerne haben diese Pläne die
Schlagzeile: "Bauen Sie in nur drei Monaten in Ihrer Freizeit ein
Hausboot für 700 Euro". Ich habe mal 12 Euro in so einen Bauplan
investiert, mein Rat dazu: Vergessen Sie das.
Zum Bau von Sportbooten gibt es die
EU-Richtlinie 94/25/EG. Diese
gilt aber lt. Artikel 1, Absatz 3 g nicht für "für den Eigengebrauch
gebaute Boote". Das Boot darf dann offiziell aber innerhalb von 5
Jahren nicht verkauft werden.
Bevor man zu bauen anfängt, lässt man sich am besten eine Ladung
Kataloge von Bootsausrüstern zukommen und schmökert darin herum. So
bekommt man eine gute Vorstellung davon, was es alles gibt und in
welchen Kategorien die Preise liegen.
Gängige Firmen sind:
Fachliteratur zum Thema gibt es kaum. Ich hatte zur Verfügung:
- Moderner Holzbootsbau (Gougeon Brothers)
- Boatbuilding with Plywood (in englischer Sprache)
Beide Bücher behandeln das Thema Bootsbau sehr gründlich, aber
spätestens dann, wenn es um die Konstruktion des Rumpfes geht,
blickt man als Normalbürger ohne abgeschlossene Schreinerlehre nicht
mehr durch.
